Laut einem Bericht der Internationalen Fernmeldeunion hat sich die Situation dank zunehmender Verbreitung von Mobilfunk zwar verbessert, aber Entwicklungsländer hinken den Industriestaaten immer noch deutlich hinterher. Viele Menschen können sich den Zugang zum Internet schlicht nicht leisten.

Björn Greif

Die Internationale Fernmeldeunion (International Telecommunication Union, ITU), eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen, hat ihren jährlichen Measuring the Information Society Report vorgelegt. Demnach werden zum Ende dieses Jahres voraussichtlich rund 3,5 Milliarden Menschen online sein. Das entspricht knapp der Hälfte der Weltbevölkerung (47 Prozent). Die übrigen 53 Prozent oder rund 3,9 Milliarden Menschen haben weiterhin keinerlei Zugang zum Internet. Das von den Vereinten Nationen als Teil der Agenda Connect 2020 ausgegebene Ziel, bis 2020 mindestens 60 Prozent der Weltbevölkerung mit Internet zu versorgen, liegt damit noch in weiter Ferne.

Entwicklungsländer hinken fast 20 Jahre hinterher

In den Industrienationen nutzen etwa 80 Prozent der Bevölkerung das Internet. In den Entwicklungsländern liegt der Anteil hingegen nur bei rund 40 Prozent. In einigen afrikanischen Staaten ist sogar nur jeder Zehnte online. Besonders häufig ohne Zugang zum Internet sind dem ITU-Bericht zufolge Frauen, Ältere, weniger Gebildete, Menschen mit geringem Einkommen und solche, die in ländlichen Gebieten leben.

Die typische Offline-Bevölkerung umfasst Frauen, Ältere, weniger Gebildete, Geringverdiener und die Landbevölkerung (Bild: ITU).
Die typische Offline-Bevölkerung umfasst Frauen, Ältere, weniger Gebildete, Geringverdiener und die Landbevölkerung (Bild: ITU).

Insbesondere 3G- und 4G-Mobilfunknetze tragen zur zunehmenden Verbreitung des Internets bei. Insgesamt haben inzwischen 84 Prozent der Weltbevölkerung theoretisch Zugriff auf mobile Breitbandnetze (67 Prozent in ländlichen Gebieten). In der Praxis können sich aber viele Menschen den Zugang oder ein dafür benötigtes Endgerät nicht leisten. So bleiben weniger entwickelte Länder weit hinter dem Rest der Welt zurück. Laut ITU liegt die Internet-Penetrationsrate in diesen Ländern heute auf dem Niveau, auf dem sich die Industrienationen schon 1998 bewegten. Sie hinken den Industriestaaten also fast 20 Jahre hinterher.

Internetzugang oft „unbezahlbar“

Die durchschnittlichen monatlichen Zugangskosten für Festnetz-Internet seien weltweit zwar deutlich von 80 Dollar im Jahr 2008 auf 25 Dollar im vergangenen Jahr gesunken, so die ITU. Dennoch blieben Festnetzanschlüsse damit in vielen armen Ländern „eindeutig unbezahlbar“. Ein Zugang mit einem monatlichen Datenvolumen von mindestens einem Gigabyte koste dort teilweise über die Hälfte eines durchschnittlichen Jahresgehalts. Zudem bekämen Menschen in Ländern mit dem niedrigsten Durchschnittseinkommen hinsichtlich Festnetz-Internet weniger Leistung und Qualität für ihr Geld als in Industrienationen.

Beim mobilen Internet sind die Kosten im weltweiten Durchschnitt geringer. Allerdings sind mobile Breitbandzugänge nur in 38 Prozent der ärmeren Entwicklungsländer verfügbar. Nach Schätzungen der ITU gibt es zum Jahresende fast so viele Mobilfunkverträge wie Menschen auf der Erde. Das bedeutet aber natürlich nicht, dass jeder Erdenbürger einen Mobilfunkzugang hat, sondern dass viele Nutzer gleich mehrere Verträge haben. In den Entwicklungsländern, für die aktuelle Daten vorliegen, besitzen oder nutzen immer noch knapp 20 Prozent der Bevölkerung kein Mobiltelefon. In Staaten wie Bangladesch, Indien, Indonesien und Pakistan liegt der Anteil sogar bei über 40 Prozent.

Europa führend, Afrika abgeschlagen

Für die 2016er-Ausgabe ihres Jahresberichts hat die ITU auch ihren ICT Development Index (IDI) aktualisiert. Dieser vergleicht den Entwicklungsstand der Informations- und Kommunikationstechnologie in 175 ITU-Mitgliedsstaaten seit 2014. Die aktuelle Rangliste führt weiterhin Südkorea an. Dahinter folgen Island und Dänemark, die im Vergleich zum Vorjahr die Plätze getauscht haben. Komplettiert wird die Top Ten von Schweiz, Großbritannien, Hongkong, Schweden, Niederlande, Norwegen und Japan. Deutschland verbesserte sich gegenüber 2015 um einen Rang auf Platz zwölf.

Deutschland belegt im ICT Development Index 2016 den zwölften Platz (Bild: ITU).
Deutschland belegt im ICT Development Index 2016 den zwölften Platz (Bild: ITU).

Nach Regionen schneidet Europa mit einem durchschnittlichen IDI-Wert von 7,35 Punkten in dem Vergleich am besten ab. Nur Albanien (mit 4,92 Punkten auf Platz 91) liegt als einziges europäisches Land unter dem weltweiten Durchschnitt von 4,94 Punkten. Weit abgeschlagen ist Afrika mit einem durchschnittlichen IDI-Wert von 2,48 Punkten. Bestplatziertes afrikanisches Land ist Mauritius auf Rang 73 (5,55 Punkte). Die letzten elf Plätze der ITU-Rangliste sind allesamt von afrikanischen Staaten besetzt, Schlusslicht ist Niger mit 1,07 Punkten.