Google verfolgt Offline-Einkäufe über Kreditkartendaten

Der Internetkonzern verknüpft über Tracking-Skripte erhobene Daten mit Kreditkartentransaktionen und anderen in der realen Welt gesammelten Informationen. So kann er Werbetreibenden genau sagen, welche digitalen Anzeigen tatsächlich zu Käufen in Onlineshops oder Ladengeschäften führen.

(Bild: Google / iStock)

Björn GreifRedakteur

Google hat den nächsten Schritt zum vollkommen gläsernen Kunden eingeleitet. Auf seiner jährlichen Marketing-Konferenz in San Francisco stellte der Konzern einige neue Analytics-Werkzeuge für Werbetreibende vor. Mit einem davon lassen sich alle Kreditkartentransaktionen eines Nutzers mit den von ihm angeklickten Online-Anzeigen verknüpfen. Dadurch sind angeblich exakte Aussagen darüber möglich, welche Anzeigen tatsächlich zu einem Kauf des beworbenen Produkts geführt haben. Dabei spielt es keine Rolle mehr, ob der Einkauf in einem Onlineshop oder in einem Ladengeschäft getätigt wurde.

Nach eigenen Angaben hat Google über Partner Zugang zu 70 Prozent aller Kredit- und Debitkarten-Transaktionen in den USA. Diese Daten gleicht der Suchriese mit den Anzeigen ab, die ein Nutzer gesehen und angeklickt hat. Auf diese Weise kann er Werbetreibenden sagen, ob ihre digitalen Anzeigen zu Einkäufen in Ladengeschäften führen. Wenn Nutzer zuvor eine Anzeige angeklickt haben, ohne etwas online zu kaufen, konnten Werbetreibende zu dem Schluss kommen, ihre Anzeige sei Geldverschwendung. Indem Google die über Tracking-Skripte seines Werbenetzwerks erhobenen Daten mit Kreditkarteninformationen und anderen in der realen Welt gesammelten Daten kombiniert, könnte es Werbekunden beweisen, dass ihre Anzeigen funktionieren. Und das ist die Grundvoraussetzung dafür, dass sie (bei Google) mehr Geld für Werbung ausgeben.

Kein Mehrwert für den Nutzer

Welche Ladengeschäfte ein Nutzer besucht, verfolgt Google schon länger anhand der durch Smartphones erhobenen Standortdaten. Bisher konnte es aber keine Aussage dazu treffen, ob ein Ladenbesucher dort tatsächlich etwas gekauft hat. Durch das um Kredit- und Debitkartendaten erweiterte Tracking wird sich dies künftig ändern. Google und seine Werbekunden erhalten ein wesentlich genaueres Bild der Interessen und des Einkaufverhaltens der User.

„Bislang hat Google seinen Nutzern immer einen Mehrwert im Austausch für mehr Daten angeboten – Standortdaten für Google Maps Services zum Beispiel. Einen Nutzen für den User kann ich hier aber nicht erkennen“, kritisiert Cliqz-Geschäftsführer Marc Al-Hames. „Es werden Daten ausgetauscht, ohne dass man einen Dienst nutzt. Ein eklatantes Missverhältnis! Nur um Werbekampagnen noch genauer auswerten zu können, wird die Privatsphäre von uns allen immer weiter beschnitten.“

Anonymisierung ist nicht sicher

Google betont, dass die Daten nicht mit einem Namen verknüpft werden, also anonymisiert sind. Werbetreibende sollen nur sehen, dass beispielsweise Nutzer xyz am Morgen diese x Anzeigen angeklickt und am Nachmittag Betrag y in einem bestimmten Ladengeschäft ausgegeben hat. Allerdings ist eine solche Anonymisierung nicht wirklich sicher. Eine Studie des Massachusetts Institute of Technology (MIT) hat gezeigt, dass schon drei anonymisierte Kreditkartentransaktionen ausreichen, um einen Kunden eindeutig zu identifizieren.

Immerhin haben Google-User die Möglichkeit, die Datensammelei über ihre Kontoeinstellungen teilweise einzuschränken. Vollständig verhindern lässt sie sich aber nicht. Hier helfen Anti-Tracking-Tools wie die von Ghostery oder Cliqz, die die Datenübertragung an Tracker blockieren bzw. modifizieren, so dass sie keine personenbezogenen Informationen mehr abgreifen können.

“Wir müssen die immer weiter um sich greifenden Tracking-Skripte im Online-Advertising unschädlich machen“, sagt Marc Al-Hames. „Wenn wir alle wirksame Anti-Tracking-Tools verwenden und die Datenschutzeinstellungen unserer Browser und Geräte richtig justieren, entziehen wir dem Geschäftsmodell der Online-Überwachung die Grundlage.“