Nach Cambridge-Analytica-Skandal: Entfernen Nachrichtenmedien Facebook-Tracker von ihren Seiten?

Datenwissenschaftler von Cliqz haben die fünf reichweitenstärksten deutschen News-Portale auf Facebook-Tracker untersucht. Das Ergebnis fällt ernüchternd aus.

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Björn GreifRedakteur

Seit die New York Times und der Guardian über das massive Datenleck berichteten, sorgen Facebook und sein prominenter Gründer Marc Zuckerberg ständig für neue Schlagzeilen. Längst geht es nicht mehr nur um die Causa Cambridge Analytica, sondern grundsätzlich um den Umgang mit Daten bei Facebook und in der gesamten Branche. Journalisten und Experten äußerten Kritik. Praktisch alle Nachrichtenmedien berichteten, dass sich Marken und Werbekunden von Facebook zurückzögen.

Aber wie reagieren die Medien selbst?

Datenwissenschaftler von Cliqz haben die fünf größten deutschen Nachrichtenseiten vor (Kalenderwoche 11, 2018) und nach (KW 13) dem Cambridge-Analytica-Skandal untersucht. Das Ergebnis: Kein einziges der führenden News-Medien hat die Facebook-Tracker von seinen Seiten entfernt.

Die fünf größten deutschen Nachrichtenmedien (geordnet nach Page Impressions, IVW, Stand Februar 2018) erlauben Facebook nach wie vor, ihre Leser und Leserinnen zu tracken. Am intensivsten geschieht dies auf n-tv.de. Auf 95,57 Prozent aller dort aufgerufenen Seiten fanden die Cliqz-Datenwissenschaftler Tracking-Skripte von Facebook. Vergleichsweise wenige Daten flossen dagegen bei spiegel.de. Hier waren Facebook-Tracker nur bei 2,60 Prozent aller Seitenaufrufe aktiv.

Facebook-Tracking auf den größten deutschen Nachrichtenseiten.

Cliqz-Geschäftsführer Marc Al-Hames erklärt zu den Ergebnissen der Untersuchung:

Wenn es um das Sammeln von Daten über Internetnutzer geht, sitzen Nachrichtenmedien mit Facebook, Google, Twitter und anderen Konzernen aus dem Silicon Valley in einem Boot. Die allermeisten haben sich in eine starke Abhängigkeit von den Internetplattformen begeben, sei es als Traffic-Quellen, als Werbeumsatzbringer oder als Partner bei der Analyse. Und so erlauben sie schon seit jeher Dritten, Tracking-Skripte auf ihren Seiten zu installieren und Daten über das Verhalten ihrer Leser und Leserinnen zu sammeln. Die spannende Frage ist: Ändern die Publisher im Lichte der jetzigen öffentlichen Diskussion diese Praxis und lösen ihre engen Bande mit Facebook und Co?

Facebook ist nach Google der größte Betreiber von Tracking-Skripten. Das Soziale Netzwerk setzt mindestens zehn Tracking-Skripte ein, darunter Atlas, Facebook Pixel, Facebook Beacon, Facebook Connect oder Facebook Custom Audience. Diese überwachen insgesamt 27,1 Prozent der weltweiten Seitenaufrufe.

Statistisch „sieht“ der Internetgigant also jede dritte Seite, die du öffnest und was du dort tust. Und das völlig unabhängig davon, ob du ein Konto bei Facebook hast oder nicht. Tracking-Daten sind mit einer eindeutigen Kennung (UID) verknüpft. Damit hätten die Internetkonzerne alles, was sie brauchen, um ein detailliertes Profil über jeden Internetnutzer zu erstellen, wie Al-Hames betont:

Daten über ein Drittel des Web-Verhaltens reichen völlig aus, um in Erfahrung zu bringen, wer du bist, wieviel du verdienst, was du kaufen und wohin du reisen möchtest. Die Daten können aber ebenso deine politische und religiöse Einstellung verraten, deine sexuellen Vorlieben, ob du überschuldet bist oder den Job wechseln willst. Auch Internetnutzer, die gar nicht bei Facebook angemeldet sind, werden so durchleuchtet.

Was tun gegen Tracking?

Eine Möglichkeit, sich über Tracking-Skripte und deren Betreiber zu informieren, ist die von Cliqz und Ghostery gemeinsam betriebene Seite WhoTracks.me. Sie visualisiert monatliche Statistiken.

WhoTracks.me liefert und visualisiert Statistiken zu Trackern.
WhoTracks.me liefert und visualisiert Statistiken zu Trackern.

Außerdem kann jeder User mit einfach nutzbaren Tools die versteckten Tracking-Skripte auf jeder Webseite sichtbar und unschädlich machen: Mit dem Cliqz-Browser für Windows, Mac, Android und iOS sowie der Cliqz-Erweiterung für Firefox oder der für alle gängigen Desktop-Browser erhältlichen Erweiterung Ghostery. Beide Lösungen stehen zum kostenlosen Download bereit.


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