EU-Anhörung: Zuckerberg bleibt Antwort zu Schattenprofilen schuldig

Wie schon vor dem US-Kongress wich der Facebook-CEO der wichtigsten Frage aus, ob Facebook auch Daten über Nicht-Mitglieder erfasst und speichert. Stattdessen schob er erneut Sicherheitsgründe vor.

Björn GreifRedakteur

Die gestrige Anhörung Mark Zuckerbergs vor den Fraktionsvorsitzenden und ausgewählten Mitgliedern des Europäischen Parlaments in Brüssel sollte eigentlich Aufschluss darüber geben, wie Facebook mit vertraulichen Daten umgeht. Und die Fragen der EU-Abgeordneten waren tatsächlich deutlich pointierter und schärfer formuliert als die ihrer Kollegen im US-Kongress vor einigen Wochen. Doch aufgrund eines ungeeigneten Formats, bei dem die Abgeordneten zunächst nacheinander alle ihre Fragen vortrugen, auf die Zuckerberg am Ende antworten sollte, konnte der Facebook-CEO unbequeme Fragen weitestgehend umschiffen.

Am Ende blieb er wieder einmal eine klare Antwort auf die wichtigste Frage schuldig: ob Facebook Daten über Nutzer außerhalb seiner Plattform sammelt und speichert, woraus zwangsläufig Schattenprofile von Nicht-Mitgliedern entstehen würden.

Zuckerberg schiebt erneut Sicherheitsgründe vor

Erst auf mehrmalige Nachfrage von Syed Kamall, Co-Vorsitzender der Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer, machte sich Zuckerberg überhaupt daran, die ihm sichtlich unangenehme Frage nach Schattenprofilen zu beantworten. Es blieb bei Ausflüchten: Zunächst erklärte er, dass Nutzer die von Apps und Websites an Facebook übermittelten Daten künftig mittels der kürzlich angekündigten Clear-History-Funktion löschen könnten. Für die Tracking-gestützte Datenerfassung außerhalb der Facebook-Plattform führte er wie schon vor dem US-Kongress Sicherheitsgründe an.

Als Kamall nochmals nachhakte, wie Nicht-Facebook-Mitglieder diese Datensammlung verhindern können, wiederholte Zuckerberg nur knapp: „Aus Sicherheitsgründen halten wir es für wichtig, diese Daten zu behalten, um unsere Community-Mitglieder zu schützen.“ Anschließend wechselte er schnell das Thema, was ihm die Abgeordneten aus Zeitgründen durchgehen ließen.

Klarer Verstoß gegen die DSGVO

„Sein Versuch, die Überwachung des Surfverhaltens aller Internetnutzer mit Sicherheitsaspekten zu begründen ist mehr als beunruhigend und zeigt, dass er das Konzept Privatsphäre einfach nicht versteht“, sagt Cliqz-Gründer Jean-Paul Schmetz. „Wir würden es als Gesellschaft unseren Sicherheitsbehörden niemals erlauben, das Surfverhalten aller Bürgerinnen und Bürger auszuspähen. Warum sollten wir es also Facebook erlauben?“

Um Bots oder betrügerische Anmeldeversuche zu erkennen, ist das Tracking außerhalb Facebooks wahrscheinlich hilfreich, aber absolut nicht notwendig. Ein Unternehmen wie Facebook kennt sicherlich weniger invasive Methoden zur Absicherung seiner Plattform, die nicht in diesem Maße auf Kosten der Privatsphäre aller Internetnutzer gehen.

Zuckerberg behauptete in der Anhörung außerdem, dass Facebook rechtzeitig zum 25. Mai vollständig mit der neuen DSGVO konform sei. Fakt ist jedoch, dass ausschließlich Nutzer mit einem Facebook-Konto die Daten über sich einsehen oder löschen können. Wer nie ein Facebook-Konto eröffnet hat und keinen seiner Dienste nutzt, wird von Facebook getrackt, ohne dem jemals zugestimmt zu haben. Dies ist ein klarer Verstoß gegen die DSGVO und eine Missachtung des Rechts auf Privatsphäre.

Massive Kritik am Anhörungsformat

Direkt im Anschluss an die Anhörung kritisierten viele Teilnehmer das Format der Befragung: „Leider war das Format eine ‚Komme aus dem Gefängnis frei‘-Karte und ließ Herrn Zuckerberg zu viel Raum, den schwierigen Fragen auszuweichen“, schrieb Syed Kamall auf Twitter.

Sein Kollege Guy Verhofstadt, Vorsitzender der Fraktion der Allianz der Liberalen und Demokraten in Europa (ALDE), der Zuckerberg unter anderem nach einer angemessenen Entschädigung für Nutzer als Gegenleistung für die zu Werbezwecken gesammelten Daten gefragt hatte, äußerte sich ähnlich: „Das heutige Format war ungeeignet und stellte sicher, das Zuckerberg unseren Fragen ausweichen konnte. Ich hoffe, dass schriftliche Antworten von Facebook folgen werden. Werden diese [Fragen] nicht im Detail beantwortet, müssen die EU-Wettbewerbsbehörden aktiv und die Rechtsvorschriften verschärft werden.“

Bleibt zu hoffen, dass die angekündigten schriftlichen Antworten auf die vielen offen gebliebenen Fragen endlich die Transparenz schaffen, die Zuckerberg nicht müde wird zu versprechen. Wir bleiben dran!


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