Windows 10 S: Microsoft sperrt fremde Browser aus
Nutzer können ausschließlich Apps aus dem Windows Store installieren. Browser von Drittanbietern akzeptiert Microsoft nur, wenn sie das technische Grundgerüst von Edge nutzen. Dies ist derzeit bei keinem Konkurrenten der Fall und mit großem Aufwand verbunden.
Anfang Mai hat Microsoft sein Netbook-Betriebssystem Windows 10 S vorgestellt, das vor allem im Bildungsmarkt mit Googles Chrome OS konkurrieren soll. Wie Apple setzt Microsoft dabei auf ein geschlossenes Ökosystem. Das bringt einige Einschränkungen mit – sowohl für Nutzer als auch für Entwickler.
User von Windows 10 S können ausschließlich Anwendungen aus dem Microsoft Store bzw. Windows Store installieren. Andere Quellen sind nicht zugelassen. Drittentwickler müssen ihre herkömmlichen Desktop-Programme erst in Universal Windows Platform Apps (UWP-Apps) umwandeln, um sie über den Windows Store verteilen zu können.
Browser müssen Microsoft-Technik einsetzen
Browserherstellern wie Google, Mozilla, Opera oder Cliqz steht diese Möglichkeit jedoch nur in der Theorie offen. Sollten sie davon Gebrauch machen, würde Microsoft ihre Apps nicht in seinen Store aufnehmen. Denn in seinen zuletzt am 29. März aktualisierten Windows Store-Richtlinien schreibt der Konzern Browserherstellern vor, die HTML- und JavaScript-Engine von Windows zu verwenden. Sie dürfen also keine eigenen Lösungen zum Rendern von Webseiten und Ausführen von JavaScript einsetzen. Wörtlich heißt es unter Punkt 10.2.1 der Windows Store-Richtlinien: „Apps für das Surfen im Internet müssen die entsprechenden HTML- und JavaScript-Module der Windows-Plattform verwenden.“
Bekannt sind solche Restriktionen beispielsweise von Apples Mobilbetriebssystem iOS. Doch während iOS eine bedeutende Rolle im Mobilbereich spielt, handelt es sich bei Windows 10 S (noch) um ein Nischenprodukt. Daher dürften viele Drittentwickler aktuell noch zögern, ihre Software mit großem Aufwand dafür neu zu programmieren. Speziell Browserhersteller müssten mit dem Engine-Wechsel zudem einige Kernfunktionen ihrer Software aufgeben. Da jeder Browser unter Windows 10 S die Kernkomponenten von Microsoft verwenden muss, blieben nur noch einige Zusatzfunktionen als Alleinstellungsmerkmal.
Feste Standardeinstellung für Browser und Suche
Erschwerend hinzu kommt, dass Windows 10 S als Standardbrowser Edge und als Standardsuche Bing vorschreibt. Diese Einstellungen lassen sich nicht ändern. Will ein Nutzer einen anderen Browser bzw. eine andere Suchmaschine als Standard verwenden oder eine Software von außerhalb des Windows Store installieren, bleibt ihm nur ein Upgrade auf Windows 10 Pro.
Microsoft führt für die Beschränkungen in erster Linie Sicherheitsgründe an. Es argumentiert, UWP-Apps seien sicherer, weil sie vollständig in einer Sandbox-Umgebung laufen und keinen Zugriff auf das Gesamtsystem haben. Das bedeutet im Umkehrschluss aber nicht automatisch, dass alle anderen Anwendungen unsicher sind. Letztlich geht es Microsoft vor allem darum, die Konkurrenz auszusperren und somit die eigenen Produkte zu stärken. Windows 10 S ist offenbar ein Versuchsballon für diese Strategie.
Bleibt die Frage, wie weit Microsoft diese Strategie in Zukunft noch ausweitet. Sollte sie mit Windows 10 S im Bildungsbereich aufgehen, könnte das Unternehmen aus Redmond sie auch auf den breiteren Privatkundenmarkt übertragen. In diesem Fall wären Nutzer und Drittentwickler aufgrund von Microsofts Marktmacht praktisch gezwungen, mitzuziehen.