Google rudert bei Adblocker-Modifikationen für Chrome zurück

Nach scharfer Kritik sollen die geplanten Schnittstellen-Änderungen an Chrome und Chromium-basierten Browsern, die das Aus für externe Ad- und Tracking-Blocker bedeutet hätten, nun doch nicht kommen – vorerst.

Chrome-Werbeblocker

Björn GreifRedakteur

Nach massiver Kritik aus der Entwickler-Community ist Google vorerst von seinen ursprünglichen Plänen abgerückt, tiefgreifende technische Änderungen an Chrome und allen Chromium-basierten Browsern vorzunehmen, die Adblocker- und Datenschutzerweiterungen größtenteils unbrauchbar gemacht hätten.

Der Konzern hatte die Schnittstellen-Modifikationen unter anderem damit begründet, dass bestehende Erweiterungen zum Blockieren von Inhalten negative Auswirkungen auf die Browser-Performance hätten. Dieses Argument wurde jedoch durch eine Studie von Cliqz entkräftet. Nur wenige Stunden nach ihrer Veröffentlichung ruderte das Chrome-Team in Person von Google-Entwickler Devlin Cronin zurück und kündigte Änderungen an den geplanten Spezifikationen an.

Googles Performance-Argument ist nicht stichhaltig

Laut der Cliqz-Studie wirken sich aktuelle Adblocker-Erweiterungen nur minimal auf die Browser-Performance aus. Die benötigte Zeit für die Entscheidung, ob sie eine Netzwerkanfrage blockieren oder nicht, liegt meist im Bereich unter einer Millisekunde und ist somit praktisch nicht wahrnehmbar. Von Leistungseinbußen durch Adblocker-Erweiterungen kann daher keine Rede sein.

„Ausgehend von unseren Messungen halten wir dieses Argument nicht für stichhaltig, da alle gängigen Content-Blocker bereits sehr effizient arbeiten und keine spürbare Verlangsamung für die Nutzer mit sich bringen“, schreiben die Studienautoren. „Darüber hinaus verbessert sich die Effizienz von Content-Blockern kontinuierlich, entweder durch innovative Ansätze oder durch den Einsatz von Technologien wie WebAssembly zum Erreichen nativer Performance.“ Ghostery hat sich im Benchmark-Vergleich mit uBlock Origin, Adblock Plus, Brave und DuckDuckGo übrigens als schnellster Adblocker herausgestellt.

Alte Schnittstelle soll vorerst erhalten bleiben

Google-Entwickler Cronin betont, dass die unter dem Titel Manifest V3 erarbeiteten Spezifikationen für Chrome-Erweiterungen längst noch nicht final seien. Er forderte die Entwickler-Community auf, weiterhin Feedback zu den vorgeschlagenen Änderungen zu geben. Cronin stellte auch klar, dass die bisherige webRequest API im Rahmen von Manifest V3 nicht vollständig entfernt werde. Sie soll – zumindest vorerst – parallel zur neuen declarativeNetRequest API erhalten bleiben.

Während Google jetzt einige Einschränkungen für die declarativeNetRequest API gelockert hat, scheint es immer noch zu planen, die alte webRequest API auf lange Sicht lahmzulegen. Aktuelle Erweiterungen nutzen die webRequest API unter anderem dazu, Anfragen zu blockieren, was wiederum die Voraussetzung für das Blockieren von Werbung und vor allem von Tracking-Skripten ist. Solche Skripte werden zur Überwachung des Nutzerverhaltens und zur Erstellung persönlicher Profile verwendet.

Ende noch offen

Ursprünglich hatte Google geplant, die alte webRequest API durch die neue declarativeNetRequest API zu ersetzen. Damit hätte es genau die Schnittstelle unter seine Kontrolle gebracht, auf die Ad- und Tracking-Blocker zum reibungslosen Betrieb angewiesen sind. Für externe Werbeblocker und Datenschutztools würde dies praktisch das Aus bedeuten, weil sie dann keinen substanziellen Mehrwert gegenüber Googles eingebauter Technologie bieten könnten, die natürlich keine Google-eigene Werbung blockiert. Am Ende hätte der Internetgigant damit erneut seine marktbeherrschende Stellung missbraucht.

Zwar ist Google den Entwicklern von Ad- und Tracking-Blockern nun etwas entgegengekommen, aber wie die finalen Änderungen von Manifest V3 aussehen werden, ist nach wie vor offen. Beispielsweise will Google weiterhin aus Leistungsgründen an einer Obergrenze für Blockierregeln festhalten, die Erweiterungen registrieren können. Je nachdem, wie hoch diese ausfällt, könnten es Anwender künftig schwerer haben, Werbung und Tracking-Skripte effektiv zu blockieren und somit ihre Privatsphäre im Web besser zu schützen. Betroffen wären nicht nur Chrome-Nutzer, sondern etwa auch User von Brave, Opera, Vivaldi und demnächst Microsoft Edge, die allesamt auf Chromium aufsetzen. Aber zum Glück gibt es noch Browser, die nicht auf Google-Technik basieren: