Will Google Adblocker- und Datenschutz-Erweiterungen blockieren?

Geplante technische Änderungen an Chrome und allen Chromium-basierten Browsern würden praktisch das Aus für externe Werbeblocker und Datenschutz-Tools bedeuten. Die Leidtragenden wären am Ende die Nutzer.

Chrome-Werbeblocker

Björn GreifRedakteur

Google plant offenbar grundlegende Änderungen an seinem Browser Chrome und damit auch an allen anderen Browsern, welche die Open-Source-Codebasis Chromium verwenden. Durch die vorgeschlagenen Schnittstellen-Modifikationen würden bestehende Browser-Erweiterungen zum Blockieren von Inhalten wie Adblocker und Datenschutz-Tools größtenteils unbrauchbar.

Cliqz-Geschäftsführer Marc Al-Hames sagt dazu:

Damit würde Google Adblocker- und Datenschutz-Erweiterungen, wie wir sie heute kennen, zerstören. Google tut so, als ob sie dies zur Verbesserung des Privatsphäre-Schutzes und der Browser-Performance machten. Tatsächlich blieben Nutzern aber nur sehr begrenzte Möglichkeiten, ihr Surfverhalten geheim zu halten, ihre Privatsphäre zu schützen und unerwünschte Inhalte zu blockieren. Niemand könnte mehr einen substanziellen Mehrwert gegenüber Googles eingebauter Technologie bieten, die bekanntlich keine Google-eigene Werbung blockiert. Egal ob Google dies nun tut, um sein Werbegeschäft zu schützen oder allen anderen seine eigenen Regeln aufzuzwingen – am Ende wäre es einfach ein weiterer eklatanter Fall von Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung. Sollte es soweit kommen, erwägen wir, eine Kartellbeschwerde einzureichen.

Chrome soll künftig nur noch selbst blockieren dürfen

Heute können Browser-Erweiterungen die webRequest API von Chrome/Chromium verwenden, um Anfragen zu blockieren, was wiederum die Voraussetzung für das Blockieren von Werbung und vor allem von Tracking-Skripten ist. Solche Skripte werden zur Überwachung des Nutzerverhaltens und zur Erstellung persönlicher Profile verwendet.

Das vorgeschlagene neue Modell sieht vor, die webRequest-API durch eine API namens declarativeNetRequest zu ersetzen. Dann müsste eine Erweiterung Chrome bzw. Chromium eine Liste von Blockiermustern senden und der Browser würde die Blockierung auf Grundlage dieser Muster durchführen. Es wäre jedoch nicht mehr möglich, potenziell gefährliche oder die Privatsphäre verletzende Anfragen im heutigen Umfang zu modifizieren oder zu stoppen.

Gravierende Folgen für Entwickler und Nutzer

Sollten die geplanten Änderungen tatsächlich umgesetzt werden, hätten Entwickler von Erweiterungen mit enormen Einschränkungen zu kämpfen:

  • Die vorgesehenen Muster sind weniger flexibel als die Technik, die heute in allen modernen Anti-Tracking-Tools und Werbeblockern verwendet wird. Dadurch könnten häufiger Seitenfunktionen gestört oder einige Blockierregeln aufgrund der begrenzten „Syntax“ nicht spezifiziert werden.
  • Es gibt eine fixe Obergrenze von 30.000 Blockierregeln, die Erweiterungen registrieren können (zum Vergleich: die meisten heutigen Adblocker verwenden standardmäßig mehr als 100.000 Regeln, um das Verhalten je nach Benutzer anzupassen). Moderne Werbeblocker mit umfassenden Regellisten würden ihren Wettbewerbsvorteil gegenüber den einfacheren verlieren. Der Wettbewerb würde zerstört und Innovationen gehemmt. Zudem würde Google dadurch seinen eigenen Adblocker in Chrome stärken (der Googles eigene Werbung und Tracker natürlich nicht blockiert) und ihm einen Wettbewerbsvorteil verschaffen.
  • Es ist ein geschlossenes System, so dass niemand nachvollziehen kann, ob und wie die Blockierregeln wirklich angewendet werden, welche Anfragen wirklich blockiert wurden, etc. Das macht es auch sehr schwierig, Probleme zu analysieren, da Entwickler wahrscheinlich keinen Zugriff auf die “Blocking Engine” haben werden.
  • Die Musterlisten für die Blockierung müssen hartkodiert und statisch sein. Zudem müssen sie zur Prüfung an Chrome/Chromium gesendet werden, ein Prozess, der Zeit kosten würde (schon heute dauert die Überprüfung von Erweiterungen unter Umständen mehrere Wochen!). Anbieter von Ad-Tech und Tracking erhielten die Möglichkeit, ständig Änderungen an ihren Produkten vorzunehmen, die sie für die Blocker unauffindbar machen. Anders ausgedrückt: Es besteht die Gefahr, dass die “Blocker-Datenbank” immer veraltet ist.
  • Es wäre das Ende dynamischer Technologien, die ihre Sperrlisten alle paar Stunden aktualisieren oder sogar neue Tracking-Skripte in Echtzeit erkennen (wie die von Ghostery und Cliqz). Anti-Tracking auf Basis Künstlicher Intelligenz würde nicht mehr funktionieren.

Die Leidtragenden wären am Ende die Nutzer von Chrome und Chromium-basierten Browsern (zu denen übrigens auch künftige Versionen von Microsoft Edge gehören). Für die User würde es deutlich schwieriger, Werbung und Tracking-Skripte effektiv zu blockieren und somit ihre Privatsphäre im Web besser zu schützen. Aber zum Glück gibt es ja noch andere Browser: