Google AdSense: Teufelskreis mit System

Indem Google seine marktbeherrschende Stellung missbrauchte, um Wettbewerber auszuschalten, machte es Websites von seiner Werbeplattform AdSense abhängig.

Björn GreifRedakteur

Google missbraucht immer wieder seine marktbeherrschende Stellung, um Wettbewerb zu unterbinden und Innovation zu blockieren. Das haben wir bereits anhand der für Chrome- und Chromium-Browser angekündigten Schnittstellenmodifikationen Manifest V3 verdeutlicht. Ein weiteres Beispiel sind Googles inzwischen von der EU-Kommission abgestraften Praktiken rund um AdSense for Search, einer Vermittlungsplattform für Suchmaschinenwerbung. Wegen eines Verstoßes gegen das EU-Kartellrecht hatte die Kommission im März eine Geldbuße von 1,49 Milliarden Euro gegen den Internetriesen verhängt.

„Wie der Fall AdSense belegt, ist Google mittlerweile so mächtig, dass es ganze Branchen in seinem Würgegriff hält“, sagt Cliqz-Geschäftsführer Marc Al-Hames. „Dank seiner marktbeherrschenden Stellung kann es allen anderen einfach seine Regeln aufzwingen.“

Teufelskreis für Website-Betreiber und Werbetreibende

AdSense for Search ermöglicht Website-Betreibern, die Google-Suchmaske in ihre Website einzubinden und mit Werbeanzeigen auf den Suchergebnisseiten Geld zu verdienen. Google agiert hier als Vermittler zwischen Websites und Werbetreibenden. Letztere konkurrieren im Rahmen einer Auktion um freie Werbeflächen. Der Höchstbietende erhält den Zuschlag und darf auf der Website werben. Der Website-Betreiber erhält anschließend einen Anteil an den Werbeeinnahmen, der Rest geht an Google.

Laut EU-Kommission verhinderte Google durch restriktive Klauseln in Verträgen mit Website-Betreibern, dass seine Wettbewerber Werbeanzeigen auf diesen Websites platzieren konnten. Damit beraubte es Rivalen der Möglichkeit, im Markt für die Vermittlung von Suchmaschinenwerbung zu expandieren und ernsthaft mit AdSense zu konkurrieren.

So entstand ein klassischer Teufelskreis: Weil Google Wettbewerber aussperrte, blieb Websites, die Werbeflächen verkaufen wollten, und Werbepartnern, die Anzeigen schalten wollten, praktisch keine andere Wahl als mit Google zusammenzuarbeiten. In der Folge konnte der Monopolist die Vertragskonditionen und Anzeigenpreise nach Belieben bestimmen. Dank Netzwerkeffekten wurde er so noch mächtiger, was es ihm wiederum erleichterte, den Wettbewerb auszuschalten.

Wettbewerbswidrige Vertragsklauseln

„Google zementierte seine beherrschende Stellung im Bereich der Suchmaschinenwerbung und schützte sich vor Wettbewerbsdruck, indem es für Websites Dritter wettbewerbswidrige vertragliche Beschränkungen einführte“, kommentierte EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager damals. „Google nahm anderen Unternehmen die Möglichkeit, in einen Leistungswettbewerb zu treten und Innovationen vorzunehmen, und den Verbrauchern entgingen die Vorteile aus dem Wettbewerb.“

Entweder verhinderte Google mit sogenannten Ausschließlichkeitsklauseln, dass Konkurrenten Anzeigen auf Websites platzieren konnten, oder es behielt den eigenen Anzeigen die erfolgversprechendsten Werbeflächen auf diesen Websites vor. Zudem kontrollierte Google, wie Suchmaschinenwerbung von Konkurrenten angezeigt wurden.

(Bild: EU-Kommission)
(Bild: EU-Kommission)

Nach Angaben der EU-Kommission hat Google mindestens seit 2006 auf dem Markt für die Vermittlung von Suchmaschinenwerbung im europäischen Wirtschaftsraum eine beherrschende Stellung inne. Sein Marktanteil lag bis 2016 fast konstant bei über 85 Prozent.

Wettbewerbsfeindliches Verhalten hat bei Google System

Dass Google seine marktbeherrschende Stellung mit konsequenter Regelmäßigkeit ausnutzt, um sein Kerngeschäft Suchmaschinenwerbung abzuschotten, belegt nicht nur der Fall AdSense. Dasselbe wettbewerbsfeindliche Verhalten legte der Konzern aus dem Silicon Valley zum Beispiel auch bei der Vorzugsbehandlung seines Preisvergleichsdiensts an den Tag, was ihm im Juni 2017 eine Geldbuße in Höhe von 2,42 Milliarden Euro einbrachte. Ein Jahr später verhängte die EU eine Rekordstrafe von 4,34 Milliarden Euro gegen Google wegen illegaler Praktiken bei Android-Mobilgeräten zur Stärkung seiner Suchmaschine.

US-Konzerne wie Google betrachten Europa offenbar als digitale Kolonie, in der sie machen können, was sie wollen. Ihr rücksichtsloses Verhalten beeinträchtigt massiv den Wettbewerb, führt zu weniger Innovation und schadet am Ende den Verbrauchern. Es ist höchste Zeit, ihnen Einhalt zu gebieten und ein faires Wettbewerbsumfeld in Europa zu schaffen. Dazu bedarf es strengerer Regulierung und massiver Investitionen in eine eigene digitale Infrastruktur mit einer unabhängigen Suchmaschine als zentralem Bestandteil. Nur so können wir Europäer verhindern, dass wir vollends von US-Monopolisten abhängig werden und ihrer Willkür ausgesetzt sind.